Insekten zum Fressen gern
Start-up Probenda GmbH setzt auf die Produktion von Nutztierfutter aus Insekten
In 2020 gründete Luisa und Christian Benning das Start-up Probenda GmbH. Das Unternehmen mit Sitz in Pfungstadt stellt aus Larven der schwarzen Soldatenfliege Proteinmehl und Fett her. Im September 2021 erhielt Probenda die Zulassung nach der EU Verordnung 1069/2009 und darf damit seine Produkte im allgemeinen Tierfutter einsetzen.
Das Probenda-Protein gilt als Alternative zu Soja- und Fischmehl und hat durch die Ersparnis beim Sojaimport maßgeblichen Einfluss auf das Klima, da Anbauflächen und Transportwege entfallen. Und der Erfolg gibt dem Start-Up aus Pfungstadt recht: 2024 soll die Produktion dank des Innovationskredits 2023 der WIBank vollautomatisiert und die Anlage erweitert werden.
Liebe Frau Benning, wie kamen Sie auf die Idee zu gründen? Was hat Sie dazu motiviert?
Ich habe Agrarwissenschaften in Bonn studiert und war jahrelang als Produktmanagerin in einer Erzeugergemeinschaft für Tiernahrung tätig. Dort hatte ich meine ersten Berührungspunkte mit Insekten und habe deren Potenzial als Ernährungsquelle kennengelernt.
Bereits im Studium beschäftigten mich landwirtschaftliche Themen wie die Abhängigkeit Europas von Soja aus Lateinamerika und das jährlich 11 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle in Deutschland produziert werden, die keine weitere Verwendung fanden.
Meine Antwort auf die Herausforderungen in der Landwirtschaft heißt: Kreislaufwirtschaft. In der sind Insekten nicht nur ein Instrument, sondern auch die Ideengeber. Als Eltern von zwei kleinen Kindern wollen wir etwas dafür tun, dass die Landwirtschaft effizienter und nachhaltiger wird und so der Umwelt- und Klimaschutz in Deutschland ein gutes Stück vorankommt.
Was haben wir also konkret erdacht? Gegründet haben wir Probenda im Februar 2020 und täglich im eigenen Keller eine Kiste mit Larven gezüchtet. Im Februar 2021 mieteten wir eine Produktionshalle in Pfungstadt, in der wir die Pilotanlage errichteten. In der teilautomatisierten Vertical Farming-Anlage am Stadtrand von Darmstadt züchten wir unter kontrollierten Bedingungen die Fliegen und verarbeiten die Larven.
Was macht ihr Unternehmen einzigartig?
Die Nutzung regionaler Reststoffe ist bei der Insektenzucht ein wichtiger Baustein für die Erreichung einer sinnvollen Kreislaufwirtschaft in der Lebensmittelproduktion. Wir sind die erste volllizensierte Insektenfarm Deutschlands. Unser Geschäftsmodell basiert auf einem rundum nachhaltigen, regionalen Produktionssystem und stellt hochwertige Produkte her. Aus Reststoffen werden unter Nutzung der Soldatenfliege hochwertige Nährstoffe für die Landwirtschaft produziert, die als Einzelfuttermittel und Dünger zum Einsatz kommen.
Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Wir sind ein starkes Gründerteam und ergänzen uns hervorragend. Als studierte Agrarwissenschaftlerin und ehemalige Produktmanagerin für Tiernahrung in einer Erzeugergemeinschaft von Bio-Landwirten bin ich für die Unternehmensbereiche Agrar, Tiergesundheit und Recht verantwortlich. Meinem Mann obliegen Aufgaben aus den Bereichen Produktionslogistik und BWL. Darüber hinaus ist er aufgrund seines beruflichen Hintergrunds für die handwerklichen Tätigkeiten zuständig.
Woher wussten Sie, dass Ihre Geschäftsidee eine gute Idee ist?
Insekten sind faszinierend. Seit Millionen von Jahren sind sie dafür zuständig, dass Ressourcen zurück in den Kreislauf kommen. Dies industriell zu nutzen und somit der Verschwendung von Ressourcen entgegenzuarbeiten ist für uns sehr befriedigend und zukunftsorientiert.
War die Gründung schwierig?
Ein Produktionsunternehmen benötigt anders als ein Digitalunternehmen schon von Beginn an sehr viel Kapital. Die Kapitalbeschaffung war mühselig. Für viele Investoren ist das Risiko zu hoch und der zu erwartende Return on Investment zu gering. Dazu kommt, dass die klassischen Venture Capital-Gesellschaften aktuell sehr zurückhaltend bei neuen Investitionen sind.
Wie haben Sie es letztendlich geschafft, Ihren Traum zu finanzieren?
Die anfänglichen Mittel stammen aus dem Eigenkapital. Für die nachfolgenden Finanzierungen aus Eigenkapital und Fremdkapital wurden verschiedenste Möglichkeiten eruiert. Für die Eigenkapital Tranche wurde eine Seed-Finanzierung durch den von der BMH Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH (Tochter der WIBank) gemanagten Fonds Hessen Kapital III (EFRE) bereitgestellt. Für die Fremdfinanzierung kam im Rahmen von mehreren Beratungsgesprächen durch die Förderberatung der WIBank und weitere Kreditpartnern – darunter auch die Sparkasse – der Innovationskredit 2023 immer mehr in den Fokus.
Das Innovationskriterium 6, welches Zuschüsse, Darlehen oder Garantien aus regionalen, nationalen oder EU-Innovationsprogrammen berücksichtigt, haben wir entsprochen. Geklärt werden musste jedoch, ob überhaupt eine Förderfähigkeit unseres Unternehmens gegeben sei, um von der staatlichen Förderung zu profitieren, da bestimmte Unternehmen aus dem Bereich der Primärerzeugung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen von der Förderung ausgeschlossen sind. Des Weiteren musste die Finanzierungsstruktur abgestimmt werden. Hier hat uns die WIBank von Anfang an sehr unterstützt – sie hat uns einen ersten umfassenden Überblick über Förderoptionen gegeben. Dazu fanden virtuelle Gespräche mit der Hausbank, der Fachabteilung zum Innovationskredit und der Förderberatung statt. Dies bildete auch die Grundlage zur Vorbereitung unseres Förderantrags, der letztendlich – dank der intensiven Unterstützung und der Lösungsansätze der Spezialisten für den Innovationskredit – genehmigt wurde.
Als Sieger beim Wettbewerb „Hessischer Gründerpreis 2022“ in der Kategorie „Innovative Geschäftsidee“ freuen wir uns, dass wir unsere innovative Geschäftsidee mit dem Förderkredit in eine neue Unternehmensphase bringen können.
Was finanzieren Sie mit dem Innovationskredit 2023?
Nach wichtigen Vorarbeiten im Hinblick auf beihilferechtliche Vorgaben (Klärung der Primär- oder Sekundärerzeugung) erfüllten wir den Kriterienkatalog des Innovationskredits 2023. Mit dem Innovationskredit 2023 wollen wir vor allem Investitionen zur Erweiterung der aktuellen Produktionskapazität sowie zur weiteren Automatisierung finanzieren. Konkret wird die Finanzierung für den Kauf z. B. von einem Trockner, einer automatisierten Palettierungsanlage sowie einer Presse eingesetzt. Neben den Sachinvestitionen sollen mit der gesamten Finanzierungsstruktur ebenso Ausgaben für die Implementierung von Software-Lösungen sowie für weitere wissenschaftliche Erkenntnisse im Bereich Forschung und Entwicklung erfolgen.
Was war die größte Hürde?
Sicherlich die Zusammenarbeit mit den Behörden. Die Zucht von Nutzinsekten, ihre Haltung und Verarbeitung ist ein in der Europäischen Union sehr neues Thema. Diese Zulassung war sehr kosten- und zeitintensiv. Am Ende hat es sich aber gelohnt. Wir sind das erste und auch bisher einzige deutsche Unternehmen mit einer Zulassung für alle Produkte aus der Schwarzen Soldatenfliege für Nutztierfutter.
Geht es noch weiter? Was treibt Sie an?
Unsere Vision ist es, das organische Upcycling durch Insekten weiter zu skalieren. Dafür müssen wir weiter sinnvolle Futterströme (für die Insekten) identifizieren, um die neue Anlage weiter auszulasten. Mittelfristig werden weitere Standorte dazukommen. Abhängig von den Futterströmen aber natürlich vorzugsweise an Standorten in Hessen.
Was ist ihr großer Traum?
Wir träumen davon, in drei bis vier Jahren eine Großanlage in Betrieb zu nehmen, die täglich etwa 100 Tonnen organische Reststoffe zu hochwertigem Proteinmehl, Insektenfett und organischem Dünger aufwertet. Denkbar sind dann weitere Anlagen in urbanen Ballungszentren, wo die meisten Reststoffe anfallen.
Was raten Sie anderen Gründern? Welche Tipps können Sie Ihnen mit auf den Weg geben?
Ein Unternehmen zu gründen ist wie eine Achterbahnfahrt. Es geht rauf und runter – man wird durchgeschleudert und es ruckelt ganz schön, so dass man auch ab und an Grenzen stößt. Aber: es macht auch eine Menge Spaß und man wächst täglich an seinen Aufgaben. Ohne Leidenschaft und Engagement hält man das aber wahrscheinlich nicht durch.
Über Probenda GmbH
Das hessische Unternehmen mit Sitz in Pfungstadt/Hessen produziert seit Mitte 2021 aus den Larven der schwarzen Soldatenfliege hochwertige Proteine als Futtermittel. In der modernen Anlage werden die Larven gezüchtet und bis zur Erreichung des Endgewichts mit regionalen Reststoffen gefüttert. Mit der Zulassung, auch für die Verwendung der Produkte als Nutztierfutter, will das Unternehmen, das in Deutschland nach eigenen Angaben als erstes und bisher einziges deutsches Unternehmen die Zulassung erhalten hat, eine Vorreiterrolle einnehmen. Im September 2022 gab das EU-Parlament den Weg dafür frei. Bisher durften die proteinreichen Insekten nur zur Fütterung von Fischen in Aquakultur verwendet werden. Die aktuelle Fabrik soll im Herbst 2023 weiter automatisiert werden und hat einen Jahresoutput von 150 Tonnen Protein erreichen.
Die nächste Anlage ist schon in Planung. In dieser will die Firma, abhängig von den zur Verfügung stehenden Reststoffen ca. 3000 Tonnen im Jahr produzieren. Ziel ist es, ein skalierbares System zu entwickeln, das sich auf Anlagen mit einer Kapazität von mehreren tausend Tonnen verarbeitetem Insektenprotein übertragen lässt. In diesen zukünftigen Fabriken könnte ganzjährig die vollautomatisierte Produktion laufen.
Wie können wir Ihnen weiterhelfen?
WIBank Servicecenter
0611 774-7333
Montag bis Donnerstag von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr, Freitag von 9:00 Uhr bis 16:00 Uhr.
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